„Es bleiben mir nur noch fünf Tage. Fünf Tage an dem Ort, an dem ich einen Platz hatte, an dem Ort, an dem ich nicht nur irgendjemand war.“
Schule. Ich erinnerere mich daran, im Kindergarten mit meinen besten Freunden „Mutter, Vater, Kind“ zu spielen. Täglich gab es Streit darum, wer das große Schulkind spielen durfte. Die Einschulung wurde sehnlichst herbeigesehnt. Die Begeisterung hielt jedoch nicht lange… Ich gebe zu, ich war eine dieser komischen Schülerinnen, die eigentlich ganz gern zur Schule ging. Aber die Begeisterung, mit der ich auf die Schulzeit hingefiebert hatte, hielt nicht lange an. Jetzt ist sie wieder da. Warum? Es bleiben mir nur noch fünf Tage. Fünf Tage an dem Ort, an dem ich einen Platz hatte, an dem Ort, an dem ich nicht nur Irgendjemand war. Die Stimmung im Jahrgang über das immer schneller herannahende Ende der Kursphase geht auseinander – zum einen gibt es die Melancholiker, zu denen ich mich selbst zähle. Bei jeder passenden Gelegenheit seufzen wir auf und fragen uns: „Das soll jetzt wirklich vorbei sein?“. Glücklicherweise gibt es aber auch noch die Anderen – diejenigen, die diesem Ort laut eigener Aussage nicht schnell genug den Rücken zukehren können.
Es ist eine komische Veranlagung des Menschen, die Dinge, die er verliert, plötzlich so viel mehr wertzuschätzen. Lehrer erscheinen plötzlich in einem anderen Licht – all die Dinge, über die man sich einst zur Weißglut ärgerte: Subjektive Notenvergabe, mangelndes Empathievermögen, fehlendes Engagement und Interesse, oder auch ungleiche Behandlung der Schüler. All das tritt in den Hintergrund, auf einmal sieht man nur noch die positiven Seiten. Na gut, vielleicht nicht NUR die positiven. Aber so gut wie.
Der letzte Schulgottesdienst, das letzte Mal hören, dass „ein Sanitäter sofort ins Sekretariat“ kommen soll oder die Unterstufenklassen sehen, die sich vor ihrer Chorstunde in zwei Reihen vor Cordula aufreihen, um wenig später viel zu euphorisch altbekanntes wie „Ein Jäger jagt ein wildes Schwein“ oder „Wo Menschen sich vergessen“ einzuüben. Das letzte Mal den typischen Klostergeruch einatmen – eine Mischung aus Lack, Essen und altem Gebäude.
Die Klausurenphasen, die Streitereien und Machtkämpfe: auf all das kann man natürlich verzichten. Es ist ja auch nicht so, als hätten wir keinen Grund, uns zu freuen. 13 Jahre Schule hinter sich gebracht haben, endlich mal sein eigenes Ding machen können, sich nicht mehr vorschreiben lassen, wie genau man was zu tun hat. Die Zukunft bietet so viele Möglichkeiten und es ist aufregend, einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen.
Aber die kleinen Dinge, der Sauerkrautsalat in der Mensa, das Rauschen des Mühlengrabens, das morgendliche Beten und all die Details, die das tägliche Schulleben bereichern – die werden fehlen.Ich bin gerne Schülerin der Ursulinenschule, bin es immer gerne gewesen. Auch wenn nicht immer alles einem Märchen glich und ich an manche Grenze stieß, werde ich sicher immer mit Freude auf die letzten neun Jahre zurückblicken.
Ich hatte geplant, während meines letzten Schuljahrs regelmäßige Beiträge für diese Kolumne zu verfassen. Doch die Zeit hat mich überrascht, alles ging unheimlich schnell vorbei.
Ich sage hiermit also Danke und verabschiede mich 🙂